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Förderungsart kommt an
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) bietet einen Zuschuss in Höhe von 20 Prozent für Business Angels an, die in Startups investieren, welche in innovativen Branchen tätig sind. Berater, Business Angels und Unternehmen äußern sich nunmehr zu den Voraussetzungen des Zuschusses, üblichen Investitionsformen und Befürchtungen, dass das jüngst gezeigte Interesse der Politik an der Startup-Branche eher Wahlkampf-Kalkül denn Wirtschaftsförderung ist.
„Die direkte Förderung von Investitionen in Startups ist ein guter Ansatz gegenüber der steuerlichen Privilegierung, wie sie in Großbritannien praktiziert wird“, eröffnet Philipp Semmer das Gespräch. Er ist Business Angel und ehemals Partner im Bereich GesellschaftsrechtM&A bei der internationalen Rechtsanwaltssozietät Hogan Lovells. Auch der Umfang der Förderung in Höhe von 20 Prozent der Investitionssumme sei zu begrüßen.
Hinsichtlich der Förderungsart ist sich auch Christian Tönies – Partner im VC-Bereich der Rechtsanwaltskanzlei Pöllath+Partners (P+P) in München – sicher, dass ein monetärer Zuschuss in der Gründungsphase eines Unternehmens weit mehr bringt als Steuerprivilegien, die den Unternehmen erst helfen, wenn sie in der Zukunft Gewinne erzielen.
Das Modell steuerlicher Privilegierungen zugunsten von Unternehmen und Investoren ist aus Großbritannien bekannt und wurde als Alternative zu einem monetären Zuschuss – wie er nun in Form des Wagniskapital-Zuschusses vorliegt – erwogen. Die steuerliche Privilegierung von Startup-Investitionen hätte ein zähes Gesetzgebungsverfahren und hohen organisatorischen Aufwand zulasten der Startups und deren Investoren erfordert. Die Vorteile eines unmittelbaren finanziellen Zuschusses leuchten also ein.
Investitionsvoraussetzungen verfehlen Marktpraxis
Semmer zufolge sind jedoch schlichtweg zu viele Voraussetzungen durch Unternehmen und Investoren zu erfüllen, als dass der Wagniskapital-Zuschuss eine merkliche Liquiditätssteigerung auf dem Markt für Beteiligungskapital bringen könne. Er bemängelt vor allem, dass die Beteiligung in sogenannte „gewöhnliche, voll risikotragende Anteile“ erfolgen muss. Der Zuschuss wird nur gewährt, soweit Investments keine Dividenden- oder Zinszahlungen versprechen und der Investor an etwaigen Verlustrisiken vollumfänglich partizipiert.
Dies vernachlässige die Marktentwicklung der Startup-Branche, welche sich zunehmend alternativer Investmentvehikel – wie etwa Wandelschuldverschreibungen (sogenannter Convertible Bonds) – bediene. Christian Tönies (P+P) gibt zu bedenken, dass der Ausschluss von „Preferred Shares“ – Vorzugsaktien, welche Anteilseignern gewisse Vorrechte und Privilegien einräumen – letztlich nicht der Investitionsrealität deutscher und internationaler Startups entspräche.
Dass nur natürliche Personen beziehungsweise Business Angels förderungsfähig sind, kritisiert Patrick Setzer, CEO des Hamburger Startups Bonusmagnet, als eine der Schwächen des Wagniskapital-Zuschusses. Üblicher sei es, dass Investoren sich zu einer Investitions-GbR zusammenschließen. „Unternehmen wollen einfach einen möglichst aufgeräumten Cap-Table vorweisen können, der Transaktionskosten im Management verringert und auch auf zukünftige Investoren attraktiv wirkt“, ergänzt Philipp Semmer.
Investoren könnten allerdings für den Zuschuss weiterhin in Frage kommen und trotzdem kein Chaos am Cap-Table verursachen, indem sie ihre Stimmen gegenseitig binden (sogenanntes Stimmpoolung). Das Poolen von Gesellschafterstimmen ist bislang in der Startup-Branche aber nicht besonders verbreitet; ein Umdenken ist ebenso wenig zu erkennen. Der Ausschluss von Investitions-GbR ist letztlich praxisfremd. Ob Mängel der Zuschussvoraussetzungen durch seine Überarbeitung auf politischer Ebene behoben werden, bleibt abzuwarten.
Eine weitere Schwäche des Zuschusses wird den Befragten zufolge in der Limitierung der förderungswürdigen Branchen gesehen. „Die Auswahl und Bezeichnung innovativer Branchen erscheint durchaus willkürlich“, gibt Christian Tönies von Pöllath+Partners zu bedenken. Bonusmagnet-CEO Setzer pflichtet ihm bei und gibt als prägnantes Beispiel Car-Sharing-Services beziehungsweise Mobilitätsservices an, welche trotz ihrer Innovationskraft und Relevanz für nachhaltiges urbanes Leben nicht als „innovative Branche“ aufgeführt sind.
Verfahrensgeschwindigkeit – Fluch und Segen zugleich
Bonusmagnet wurde der Zuschuss mit der Begründung versagt, dass die Gründer über eine GmbH die Mehrheiten am Unternehmen halten. Auf seinen Widerspruch beim bearbeitenden Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), weshalb sein Unternehmen sachlich nicht förderbar sein soll, bekam Patrick Setzer bislang keine Antwort. „Das schlanke Antragsverfahren ist Segen und Fluch des Zuschusses zugleich“, so Setzer. Dass sich das Bundesamt auf eine formelle Prüfung der Anträge beschränkt, diene der Verfahrensbeschleunigung, was sehr zu begrüßen sei.
Dass jedoch typische Beteiligungsformen der Gründerwelt als Ausschlussgründe definiert werden, blockiere das eigentliche Ziel des Programms – nämlich Startups effektiv zu unterstützen. „Ziel des Programms ist die finanzielle Unterstützung innovativer Unternehmen. Die Initiatoren werden sich daran messen lassen müssen, mit wie viel Kapital sie uns Startups in ein paar Monaten wirklich unterstützt haben, und nicht, wie viele Anträge gestellt oder bewilligt wurden.“
Die unglaubliche Bearbeitungs-Geschwindigkeit der Zusage lobt auf der anderen Seite Daniel Bock, CPO von Newtracks aus Berlin: „Wir haben durchweg gute Erfahrung mit dem Beantragungsverfahren gemacht. In vier Wochen war die Sache durch“.
Liquiditätssteigerung statt Wahlkampf-Aktivismus
Es gibt also auch Fürsprecher des Wagniskapital-Zuschusses. Die weniger Überzeugten hoffen für die Zukunft aber auf eine Überarbeitung des Zuschusses und seiner Voraussetzungen. VC-Partner Tönies (P+P) befürchtet jedoch, dass das politische Bewusstsein für Jungunternehmertum noch nicht ausreichend entwickelt sei: „Es gibt wenig Ansatzpunkte in der Bundesrepublik, über die mit so vergleichsweise bescheidenen Mitteln ein höherer Leverage erzielt werden könnte als bei der Förderung von Jungunternehmertum“, gibt er zu bedenken und plädiert für ineinandergreifende, einander ergänzende Förderungsinstrumente auf verschiedenen Ebenen.
Hierzu gehöre insbesondere die steuerliche Behandlung des Zuschusses selbst und der Exit-Erlöse beim Investor. Die Regierung müsse tätig werden, um unter Beweis zu stellen, dass es sich nicht lediglich um ein Wahlkampfmanöver handelt, fordern sowohl der M&A-Experte Semmer als auch Bonusmagnet-CEO Setzer.
Das eigentliche Liquiditätsproblem auf dem Markt für Beteiligungskapital liegt jedoch an anderer Stelle. Aufgrund gesunkener Gründungskosten und dem insbesondere in Berlin wahrzunehmenden Gründungshype ist es nicht mehr die Gründungsförderung, die allein im Fokus politischen Aktivismus stehen sollte. „Die in den USA zu beobachtende Abnahme von erfolgreichen A-Rounds merken wir ebenso in Deutschland“, mahnt Patrick Setzer. „Hier ist eigentlich der größere Bedarf, und neben einer Unterstützung in der Seed-Phase wäre die Mittelbeschaffung für diese Unternehmensphase tatsächlich näher am aktuellen Finanzierungsbedarf von Startups“. Darin stimmt ihm sogar der Newtracks-CPO Bock zu, dessen Unternehmen beim Wagniskapital-Zuschuss bereits erfolgreich war.
Das Bestreben des BMWi, der Startup-Branche und jungen Unternehmen die Mittelbeschaffung zu erleichtern, ist ein begrüßenswerter Ansatz, der von den Befragten durchweg positiv bewertet wird. Der Wagniskapital-Zuschuss in seiner derzeit gültigen Fassung wird dieses Problem jedoch aller Voraussicht nach nicht beheben können. Es bedarf einer Überarbeitung, welche Marktumstände und Investitionsgepflogenheiten der deutschen und internationalen Startup-Branche berücksichtigt und mit einbezieht.
Langfristig muss sich die Politik ebenso bereits größeren, etablierten Unternehmen zuwenden, um ihnen die Mittelbeschaffung zu erleichtern. Nur so kann aus dem Gründungstrend ein nachhaltiger volkswirtschaftlicher Nutzen entstehen.